Derivatgeschäfte der Stadt Dorsten und Schulden in der Schweiz.

Kommunalpolitik

Eine Geschichte voller Missverständnisse?

Es ist jetzt schon rd. 4 Wochen her, da konnte man auf der 1. Seite der „DZ“ einen Artikel über Spekulationsverluste der NRW Gemeinden von 160 Mio. Euro lesen. Dorsten hatte davon einen Anteil von 42 Mio. Euro. Man sollte glauben, die Veröffentlichung einer solchen Nachricht würde eine Welle der Empörung in der Zeitung lostreten. Aber nichts geschah, ich las einen Leserbrief aus Legden, aber sonst, Fehlanzeige.

 

 

Man kann über die Höher der genannten Zahlen Zweifel anmelden, sind es doch nicht komplett nur Spekulationsverluste, sondern in der Masse mehr Währungsverluste bei Krediten in der Schweiz. Aber immerhin, die Summe ist hoch. Der Dorstener Kämmerer sagt dazu, sie sind nicht realisiert, da noch nicht zurückgezahlt und daher nur verbucht. Nun – es kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie als Verbindlichkeiten in der Bilanz der Stadt Dorsten auftauchen und somit die bilanzielle Überschuldung der Stadt gewaltig vergrößern.

Nebenbei muss die Stadt für diese Währungsverluste, aus Steuergeldern, die sie eigentlich nicht hat, Zinsen zahlen, Zinsen für Schulden, die die Stadt Dorsten nie gesehen hat.

Spricht man auf der Straße Bürger auf dieses Problem an, hört man fast immer, „ Das haben doch alle Städte so gemacht!“. Das stimmt leider so nicht, in NRW waren es 29 Gemeinden und 3 Kreise, die sich in der Schweiz verschuldet haben. (Quelle Andre-Kuper.de)

Beim Betrachten dieser Summe fällt auf, dass Dorsten, obwohl nur ca. 0,5 % der NRW-Bevölkerung hier wohnt, ca. 25 % der Verluste zu tragen hat. Das ist für unsere Stadt, die ja leider nicht mit Superlativen prahlen kann, eine reife Leistung!

Wie reagieren nun die Städte um uns herum, die ebenfalls Schulden in der Schweiz haben? Man stellt fest, viele Städte schulden um und trennen sich von den Schweizer Franken um das Kursrisiko zu eliminieren. Nicht so in Dorsten, hier verkündet der Kämmerer in seinen Vorlagen für den Haupt- und Finanzausschuss und dem Rat weiter die erfolgreiche Geschichte mit Zinsgewinnen bis in die letzten Jahre.

In den letzten Tagen konnte ich einen Artikel der „Taz“ lesen, veröffentlicht auf den NachDenkSeiten im Internet, dass viele Gemeinden, die mit Verlusten bei Derivatgeschäften zu kämpfen haben, den Rechtsnachfolger der WestLB auf Schadensersatz wegen Falschberatung verklagen. Viele dieser Gemeinden sind da auf einem guten Weg und werden wahrscheinlich über einen Vergleich mit der Bank Geld zurückholen können oder weniger bezahlen müssen.

Nicht so in Dorsten. 

Dorsten hatte leider das letzte Derivatgeschäft, ein Forward Zahlerswap über 25 Mio. Euro, ohne die WestLB verhandelt und abgeschlossen. Daher auch keine Möglichkeit einer Klage. Interessant bei diesem Geschäft die Laufzeit, 2033 bis 2053!, kein Scherz

Auch ist die Begründung für dieses Geschäft lesenswert:

Aus 2009 stammt außerdem ein kündbarer Forward Zahlerswap, um ein Risiko aus dem Schuldenporfoliomanagement aus 2008 zu eliminieren. Der Marktwert des Geschäftes besteht darin, dass der Swap einen günstigen langfristigen Festzins von 3,15 % für 20 Jahre (2033 bis 2053) hat.  Quelle: Berichtsvorlage Drucksache Nr. 040/15 vom 24.02.2015

Zur Eliminierung eines Risikos aus dem Schuldenportofoliomanagement im Jahr 2008 wurde dieser Vertrag abgeschlossen!?

Dazu die Berichtsvorlage 046/12 vom 30.01.2012 Haupt und Finanzausschuss am 23.02.2012:

Kündbarer Forward Zahlerswap 

Die Stadt verfolgt nach wie vor nicht das Ziel, den Swap dauerhaft über die Gesamtlaufzeit zu halten oder durch den Abschluss derartiger Geschäfte in die Zinsspekulation einzusteigen. Es ging beim Abschluss im Jahre 2009 vorrangig darum, ein Risiko aus dem sich negativ entwickelnden Swap zum Ausgleich des SPM (Schuldenportofoliomanagement) - ohne eine Zahlung von 1 Mio. € oder mehr –zu eliminieren.

Die Stadt Dorsten hatte also mit einem Swap-Geschäft einen Verlust von mindestens 1 Mio. € oder mehr gemacht. Um diesen Betrag nicht zu bezahlen, schloss man diesen neuen Vertrag ab, versteckte darin den Verlust und verschob das Problem in die Zukunft, siehe Laufzeit 2033-2053. Ein Geniestreich der ausführenden Personen!

Die Frage muss erlaubt sein, „Wer soll der Stadt diesen Swap abnehmen, in dem sie Verluste versteckt hat?“

Interessant noch der Hinweis, dass dieses Geschäft schon seit Vertragsabschluss im Minus steht. Angeblich werden wegen der Laufzeit, ab 2033, noch keine Beträge für den Verlust gezahlt. Sollte die Stadt diesen Vertrag nicht ablösen können, werden sich unsere Kinder sicher nicht über diese Erblast freuen. Leider sind dann wohl alle Verantwortlichen, die dieses Geschäft abgeschlossen haben, nicht mehr zur Verantwortung zu ziehen!

Der Beobachter fragt sich nun, ist die Dorstener Stadtverwaltung so schlau oder sind die anderen Städte so dumm, darunter die Stadt Essen, die alle Verbindlichkeiten in der Schweiz abgelöst hat?

Denken Sie einmal eine 1/4 Stunde darüber nach.

Rainer Walter

SPD Lembeck

 
 

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